STADTMARKETING & STANDORTWERBUNG
Neue Spielregeln – wiederentdeckte Sehnsüchte: Erkenntnisse und Thesen für das Stadtmarketing nach Covid.
Im Stadtmarketing 2021+ werden wir neue Wege gehen müssen, die das digitale und das reale Erlebnis noch besser verbinden lernen. Erkenntnisse und Thesen, die nicht unbedingt neu sind, aber dafür umso gültiger. Ein Kommentar von Karl Hintermeier.
LESEZEIT: 3 MIN.
Wenn wir nach über einem Jahr Pandemie langsam zu einer neuen Normalität zurückkehren, dann ist eines bereits klar: Es wird nichts so sein wie zuvor. Die Welt hat sich weitergedreht. Wir haben unsere Gewohnheiten – ob bewusst oder unbewusst – ein Stück verändert. Trends – allen voran die Digitalisierung – haben sich nochmal beschleunigt. Neue Geschäftsmodelle sind praktisch über Nacht entstanden: in der Gastronomie, bei Dienstleistungen, im Tourismus, im Handel sowieso.
Welche Gemeinden und Städte schneller aus der Krise kommen entscheidet sich nicht zuletzt an gut gemachter, wirkungsvoller Stadt- und Standortwerbung.
Neue Fronten, neue Spielregeln. Aber auch neue Solidarität und wiederentdeckte Sehnsüchte!
Der Wettbewerb läuft – auch bereits vor Corona – nicht mehr entlang der alten Fronten Innenstadt vs. Peripherie. Online heißt der Gigant, mit dem wir uns messen müssen. Und gerade hier sind kleine Läden klar im Nachteil: Sichtbarkeit im Netz, professionelle Shopsysteme und Prozesse, Retourenabwicklung – die Liste der Wettbewerbsnachteile ist lang.
Gleichzeitig erleben wir eine nie dagewesene Solidarität und Sympathie mit inhabergeführten Läden, Lokalen und Dienstleistern. Wir wollen wissen, woher ein Produkt kommt, wer dahinter steht. Wir wollen als Kunden persönlich wahrgenommen und von der Chefin des Hauses persönlich begrüßt werden.
Stadtmarketing neu denken heißt vor allem: digital deutlich stärker werden!
Was heißt das nun für die Bewerbung der Stadt, für das Stadtmarketing oder die kommunale Kommunikation mit den Bürger*innen? Weitermachen wie bisher? Lange Einkaufsnächte, Gutscheinhefte, Einkaufsmünzen, halbherzige Postings auf Facebook? Wohl kaum. Denn nur, weil wir plötzlich eine nie dagewesene Sehnsucht nach lokalen Nahversorgern verspüren, heißt das noch lange nicht, dass wir auf die vielen Vorteile der Digitalisierung verzichten wollen.
Das heißt wir müssen online, digital stärker werden. Wir müssen die Welten besser, mit neuen Ideen kombinieren lernen: das digitale und das reale, lokale Erlebnis!
Messbare Erfolge im Stadtmarketing: Vom Aufbau eines Sales-Funnels über die Customer Journey bis zur ausgeklügelten Digital-Kampagne – spielen Sie ruhig mit im Konzert der Großen.
Einige Trends: Nicht neu, dafür aber umso stärker angekommen.
Google-Shopping: Online-Branchenverzeichnisse sind tot. Wenn wir nach Produkten suchen, dann machen wir das bei Google. Und natürlich sehen wir uns auch sofort die konkreten Einkaufsergebnisse an. Nur wenn wir wirklich einen sehr konkreten Shop im Kopf haben (Marke = Relevanz im Gehirn!), dann suchen wir nach diesem konkreten Online-Shop.
Google-Maps: Wenn wir uns an neuen Orten bewegen, ist Google-Maps unser ständiger Begleiter. Wir suchen Lokale, Unterkünfte, Läden, Sights in der Nähe. Wir klicken auf die Bilder. Wir lesen Bewertungen. Wir navigieren. City- und Placebranding muss vor allem auf Google-Maps stark sein.
Mobile-First: Wir wissen es längst. Und dennoch ertappen wir uns, dass wir bei der Erstellung unserer Online-Artikel die Seiten am Desktop beurteilen. Websites werden zwischen 50% und 90% mobil genutzt. Social Media praktisch zu 100% – die Ziele von Social-Media-Werbung werden somit auch mobil besucht! Betrachten Sie Ihre Website am Smartphone – und Sie sehen das, was 70% bis 90% Ihrer Besucher*innen sehen.
Das Gebot der Stunde: Digitale Relevanz
KARL HINTERMEIER
Individualisierung – Persona statt Zielgruppe: Wir wollen immer stärker als Individuen mit unserer Persönlichkeit wahrgenommen werden. Wir suchen zunehmend nach Produkten und Lösungen, die genau an unsere Wünsche angepasst werden können. Das gilt natürlich auch für das Stadtmarketing. Denken Sie daher in Personas statt oberflächlichen Zielgruppen. Machen Sie intensive Customer-Journeys und gewinnen Sie vollkommen neue Einblicke: Was hat zu welchem Zeitpunkt wirklich Relevanz?
Nutzen statt Besitzen: Sharing wird immer relevanter. Besitz birgt Verantwortung in sich. Und bindet. Einfach Nutzen macht unabhängig und spart Geld. Digitale Lösungen steigern die spontane Verfügbarkeit von Sharingdiensten. Das betrifft Büroräume, Mobilität, Wohnungen an touristisch interessanten Orten – und selbst den Gemüsegarten kann man über Apps „mieten“. Die Änderung der Einstellung zu Besitz hat gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Städte:
Ultralokalität – die neue Romantik der Digital Natives: In unserem digitalen Leben suchen wir spontan die Antithese – das Lokale, Regionale, Saisonale. Wir wollen für eine kurzen Augenblick über den Bauernmarkt schlendern, in der Bäckerei mit dem Bäcker über Sauerteig philosophieren, beim Fleischhauer Steaks von glücklichen Tieren kaufen. Innenstadt-Einkauf ist ein Stück Auszeit, ein Stück Urlaub.
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