Nachlese message.TALKS: Do., 16. 2.2023
Urheberrecht im Stadtmarketing
Wir sprachen mit Markenrechtsexperte DDr. Meinhard Ciresa über die Bedeutung des Urheber- und Markenrechts in der Stadtkommunikation.
DDr. Meinhard Ciresa ist Experte auf dem Gebiet des Markenrechts. Er ist ausgebildeter Jurist und Betriebswirt und praktiziert seit 1995 in Wien. Seine Beratungsschwerpunkte sind Markenrecht und Urheberrecht sowie Digitalisierung und Digitalmarketing mit einer Spezialisierung im Bereich Tourismus. Als Referent hält er regelmäßig Vorträge an der ARS-Akademie sowie an der Anwaltsakademie und hat zuletzt das „Praxishandbuch Urheberrecht“ beim Linde Verlag in Wien (3. Auflage 2022) publiziert.
Karl Hintermeier: Herr Ciresa, wir freuen uns sehr, dass Sie sich heute Zeit genommen haben, unsere Fragen rund um das Urheberrecht und das Markenrecht zu beantworten. Legen wir gleich los mit einer allgemeinen Frage. Wenn Sie uns kurz schildern könnten, was wir unter Marken im rechtlichen Sinn verstehen?
Meinhard Ciresa: Eine Marke im juristischen Sinn ist eine Unternehmenskennzeichnung, die zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dienen soll und einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft eines Produkts oder einer Dienstleistung gibt.
Marken können dabei Zeichen aller Art sein. Man unterscheidet Wortmarken, also Wörter inklusive Personennamen, Claims, Bildmarken oder Wort-Bild-Marken wie z. B. Red Bull, Buchstaben und Zahlen, Farbmarken wie z. B. das Manner-Rosa, 3D-Marken, also die Form oder Verpackung einer Ware, Klangmarken oder Positionsmarken. Geografische Bezeichnungen oder Ortsnamen gelten im juristischen Sinn nicht als Marke.
Ganz allgemein können Marken geschützt oder ungeschützt sein. Der Markenschutz kann beispielsweise durch Verkehrsgeltung infolge intensiver Benutzung, durch Bekanntheit und Berühmtheit quasi von selbst entstehen oder auch angemeldet und registriert werden. Doch auch ohne Anmeldung oder Registrierung besteht ein gewisser gesetzlicher Schutz, z. B. durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Verwandte Rechte sind beispielsweise das Kennzeichenrecht für Marken, Namen, Firmen, Domainnamen, Werktitel oder Herkunftsbezeichnungen – zur Absicherung des geografischen Ursprungs eines Produkts, wie z. B. das steirische Kürbiskernöl. Auch gibt es so etwas wie einen Designschutz für Muster. Man denke da an die Wellenform der Vöslauer-Mineralwasserflasche.
Karl Hintermeier: Wie lässt sich eine Marke eintragen?
Meinhard Ciresa: Nun, die gute Nachricht gleich vorweg: Zur Eintragung einer Marke ist juristische Unterstützung nicht zwingend notwendig – ABER durchaus hilfreich.
Der Markenschutz an sich ist ein sogenanntes Abwehrrecht und soll andere von der Verwendung gleicher oder ähnlicher Begriffe für gleiche oder ähnliche Waren und Dienstleistungen ausschließen. Bevor man eine Marke eintragen lässt, muss man erst mal ordentlich Zeit in die Recherche investieren, um zu prüfen, ob es nicht bereits Produkte mit einem ähnlichen Namen gibt. Man bezeichnet dies als Markenähnlichkeitsrecherche.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um an eine Ähnlichkeitsrecherche heranzugehen. Bei Bildmarken lohnt sich beispielsweise eine reversible Bildersuche über Google. Auch die Nutzung kostenfreier Markendatenbanken ist absolut zu empfehlen, wie etwa das Auskunftsportal des Österreichischen Patentamts see.ip, die Markendatenplattform des Europäischen Markenamts TMview, eSearch plus für Unionsmarken oder ROMARIN für die Recherche zu internationalen Marken.
Das Österreichische Patentamt (ÖPA) bietet auch kostengünstige Ähnlichkeitsrecherchen ab ca. 105 Euro oder PreChecks zur Vorbeurteilungen inklusive Ähnlichkeitsrecherchen ab 210 Euro an.
Ist man mit der Recherche durch, erfolgt die Anmeldung der Marke, und zwar je nachdem in welchem Land oder Gebiet die Marke geschützt sein soll. Bei nationalen österreichischen Marken ist das ÖPA zuständig. Die Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 285 Euro. Europäische Marken können beim European Union Intellectual Property Office (EUIPO) eingetragen werden. Die Kosten beginnen hier ab 850 Euro. Für internationale Marken mit Schutzmöglichkeit in 114 Staaten ist die World Property Organisation (WIPO) zuständig. Die Antragskosten hierfür beginnen bei 800 Euro.
Karl Hintermeier: Weil es ja doch immer wieder vorkommt und man in der Situation leicht ins Schwitzen gerät: Was würden Sie empfehlen, wie man auf Schreiben von Markenanwält*innen reagieren soll?
Meinhard Ciresa: Zunächst gilt es, die Nerven zu bewahren und nichts unbesehen zu unterschreiben. Bevor man mit der*dem Abmahner*in in Verbindung tritt, sollte man professionellen Rat einholen. Die WKO kann dabei helfen oder man wendet sich direkt an seine Rechtsvertretung. Hilfreich ist auch eine Recherche vorab, um herauszufinden, ob es sich um eine Massenabmahnung handelt. An dieser Stelle ist auch das Buch von Thomas Seifried, „Abgemahnt? Die Erste-Hilfe-Taschenfibel“, zu empfehlen. Diese gibt es auch als Gratis-Download.
Karl Hintermeier: Welche Rechte begründen sich mit Gestaltungsarbeiten hinsichtlich Werbetexte, Claims, Layouts und Gestaltungsarbeiten?
Meinhard Ciresa: Grundsätzlich gilt, dass Werbetexte und Claims sowie Layouts und Vorlagen, zum Beispiel für einen Info-Folder, in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt werden können, da es sich hier um eine handwerkliche Leistung handelt. Urheberrechtlich geschützt sind allerdings kreative Gestaltungsarbeiten, wie z. B. ein Logo. Die Abgrenzung zwischen handwerklich und kreativ ist in der Praxis schwierig und führt nicht immer zu einem eindeutigen Ergebnis.
Karl Hintermeier: Welche Rechte kann bzw. sollte ich als Kund*in von meiner Agentur erwerben?
Meinhard Ciresa: Bei Rechten an einem Design, aber auch an einem Logo sind Urheberrecht und Nutzungsrecht zu unterscheiden. Die*der Designer*in ist und bleibt Urheber*in. Diesem Urheberrecht entwachsen Verwertungsrechte (z. B. Vervielfältigung, Onlinenutzung) und Persönlichkeitsrechte (i. e. Namensnennung).
Das Urheberrecht ist in seinem Kern unverzichtbar, es kann aber vererbt werden. Die*der Designer*in kann allerdings Nutzungsrechte am eigenen Design an Dritte übertragen. Diese Übertragung erfolgt im Regelfall über Lizenzvereinbarungen. Der*dem Erwerber*in kann dabei ein einfaches oder ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt werden. Das einfache Nutzungsrecht gestattet es, das Werk neben der*dem Urheber*in oder anderen Berechtigten auf die ihr*ihm erlaubte Art zu nutzen. Ein Abwehrrecht gegenüber Dritten hat sie*er in diesem Fall nicht, allerdings darf sie*er sich gegen Störungen des eigenen Nutzungsrechts wehren. Das ausschließliche Nutzungsrecht geht hier einen Schritt weiter. Es erlaubt der*dem Inhaber*in, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen (einschließlich der*des Urheber*in) auf die ihm erlaubte Art zu nutzen. Sie*er hat damit ein Abwehrrecht gegenüber Dritten ebenso wie die Möglichkeit, anderen ein einfaches Nutzungsrecht einzuräumen.
Egal ob einfach oder ausschließlich, Nutzungsrechte können räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt sein. Darauf sollten Sie unbedingt achten, wenn Sie eine Agentur mit einem Design beauftragen.
Karl Hintermeier: Vielleicht hierzu ein konkreteres Beispiel: Wenn meine Agentur nach vergebenen CD-Richtlinien eine Broschüre gestaltet – begründet sich darin ein Urheberrecht?
Meinhard Ciresa: Da CD-Richtlinien den gestalterischen Spielraum stark einschränken, wird man in der Regel von einer handwerklichen Leistung der*des Designer*in auszugehen haben. Damit entsteht dann aber auch kein Urheberrecht an der Broschüre.
Karl Hintermeier: Habe ich als Auftraggeber das Recht, ein Layout weiter zu bearbeiten bzw. habe ich ein Recht auf „offene“ Daten zur weiteren Bearbeitung?
Meinhard Ciresa: Kurzum, ob die Agentur Ihnen offene Daten zur Verfügung stellt, ist Vereinbarungssache. Die Bearbeitung ist zulässig, wenn Sie ein Bearbeitungsrecht vereinbart haben. Das muss man also unterscheiden: Offene Daten bedeuten ein technisches „Können“, ein Bearbeitungsrecht ein rechtliches „Dürfen“.
Karl Hintermeier: Gibt es so etwas wie einen Motivschutz, also ein einen Schutz für ein gestalterisches Element wie beispielsweise einen Rahmen?
Meinhard Ciresa: Nein, so etwas gibt es nicht, da das Urheberrecht auf Ideen nicht anwendbar ist.
Karl Hintermeier: Gibt es Unterschiede zwischen Print- und Digitalnutzungen?
Meinhard Ciresa: Das Urheberrecht unterscheidet zwischen Print- und Digitalnutzungen, da es sich um verschiedene Verwertungsrechte handelt. In der Praxis ist es daher wichtig, sich schon bei der Auftragserteilung darüber im Klaren zu sein, welche Nutzungen in Betracht kommen.
Karl Hintermeier: Wie verhält es sich mit Stock-Bildern? Darf ich diese als Agentur weitergeben?
Meinhard Ciresa: Auch hier kommt es auf die Lizenzbedingungen an. In der Regel ist eine Weitergabe allerdings nicht zulässig. Möchte die*der Kund*in beispielsweise nur das Bild eines Flyers allein verwenden, muss sie*er dafür die Lizenz kaufen. Das Gleiche gilt auch für Schriften.
Karl Hintermeier: Welchen Schutz gibt es auf Konzepte und Ideen, zum Beispiel im Zuge einer Wettbewerbspräsentation?
Meinhard Ciresa: Bei einem Konzept muss man zunächst bewerten, in welcher Phase der Umsetzung man sich befindet. Zu Beginn der Tätigkeit ist ein Konzeptschutz in der Regel nicht gegeben, also bei abstrakten Konzeptvorschlägen. Es kommt dabei allerdings auch auf die Agentur-AGB sowie auf die Vertragsbedingungen der Agentur an. Auf Ideen kann das Urheberrecht nicht angewendet werden.
Karl Hintermeier: Herr DDr. Ciresa, vielen Dank für das interessante Gespräch.
Meinhard Ciresa: Ich bedanke mich für die Einladung.
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