Tourismus: die wiederentdeckte Sommerfrische - message

TOURISMUS  NACH CORONA

Die wiederentdeckte Sommerfrische – welche Trends bleiben uns wirklich erhalten?

Das message.matters-Sommergespräch mit Bernhard Schröder, Geschäftsführer der Tourismusdestination Donau-Niederösterreich

LESEZEIT: 3 MIN.

Hat uns die Pandemie zu einer neuen Wertschätzung für die eigene Heimat geführt? Ist dieser Trend nachhaltig? Welche Chancen ergeben sich für kleinere Städte und Gemeinden in Bezug auf die eigene Standortqualität? 

Bernhard Schröder, Geschäftsführer der Destination Donau-Niederösterreich, im Sommergespräch mit Karl Hintermeier. 

Kaum eine Branche war duch die Pandemie derart stark betroffen wie der Tourismus. Abseits der finanziellen Einbrüche legt die Krise auch neue Trends offen. Wie sieht es aus mit der wiederentdeckten Sommerfrische, vor allem für Destinationen im unmittelbaren Einzugsbereich einer Millionenmetropole? Und: Können Städte und Gemeinden über die touristische Positionierung auch in der Standortqualität profitieren? Denn eines ist sicher: Wir wollen reisen und werden auch in Zukunft reisen – mehr denn je. Aber auch qualitätsvoller?

Nach mehr als einem Jahr Pandemie – wie haben sich in der Destination Donau-Niederösterreich mit dem Herzstück Wachau die Zahlen entwickelt? Und wie lange wird es dauern, um an 2019 anschließen zu können?

Nun, die Anzahl der Nächtigungen aus dem Inland haben deutlich zugenommen. Wir hatten in den Sommermonaten 2020 einen Zuwachs von fünf Prozent unter den heimischen Gästen. Aber natürlich kann das den Entfall der internationalen Gäste bei weitem nicht kompensieren. 2021 fehlt uns die internationale Nachfrage nach wie vor, und gleichzeitig werden uns die heimischen Gäste heuer auch fehlen, da sie vermehrt wieder international verreisen. Für 2022 sehe ich eine echte Erholung, und 2023 werden wir vemutlich wieder da sein, wo wir waren – wobei natürlich 2019 ein All-Time-High vor allem bei den Gästen aus Übersee war, das schwer zu toppen sein wird. 

Hat die Pandemie auch bereits davor spürbare Trends verstärkt? Wie sieht es beispielsweise mit der wiederenteckten Sommerfrische aus, die aktuell vor allem von Niederösterreich stark beworben wird? 

Die Wiederentdeckung der eigenen Heimat ist schon ein spürbarer Trend. Mit der Möglichkeit, wieder in andere Länder zu reisen, wird sich dieser im heurigen Jahr – fürchte ich – nicht mehr ganz bestätigen. Eine Renaissance der Sommerfrische ist jedenfalls da. Die Menschen haben den Urlaub daheim wieder entdeckt. Dieser Trend wird uns vor allem bei kurzen Urlauben, bei der kleinen, qualitätsvollen Auszeit erhalten bleiben. Damit verbunden ist auch ein anderer starker Trend: die Nachhaltigkeit und Verträglichkeit des Reisens.

Ein gutes Thema – Tourismus hat ja auch Schattenseiten. Vor allem wenn wir an Destinationen mit echten Overtourismus-Tendenzen denken. Ihr habt mit Dürnstein auch einen solchen Spot …

Ja genau. Wir haben uns 2019 daher intensiv mit Overtourismus beschäftigt. Und das hat natürlich eine Frage aufgeworfen: Was wollen wir in Zukunft? 2020 war man froh, dass man sich in Dürnstein mal richtig frei bewegen konnte …

©Donau Niederösterreich - Steve Haider

Die Wiederentdeckung der eigenen Heimat ist ein Trend, der uns vor allem bei bei der kleinen, qualitätsvollen Auszeit erhalten bleiben wird, ist sich Bernhard Schröder sicher. Damit verbunden ist auch ein weiterer starker Trend: die Nachhaltigkeit und Verträglichkeit des Reisens. Foto: ©Donau-Niederösterreich/Steve Haider

Wie gestalten wir also einen nachhaltigen, verträglichen Tourimus?

Das wird gerade neu ausverhandelt. Man kann als Region jedenfalls nicht nur Kulisse sein.

Es braucht Wertschöpfung. Und das geht am besten über die Qualität. Gäste suchen heute Qualität – die Menschen wissen ganz genau, was 4 Sterne versprechen – und erwarten auch, dass dieses Versprechen gehalten wird.

Diese Qualität muss natürlich auch ihren Preis haben. Es muss klar sein, dass die Menschen auch vom Tourismus leben können. Das Schnitzelmenü um € 5,90 funktioniert einfach nicht. 

Das Bewusstsein ist jedenfalls da. Bei unseren Befragungen 2018 haben wir deutlich gesehen: Die Masse wollen beide nicht – sowohl die Bevölkerung als auch die Gäste. Der Reisende will ein genussvolles Reisen. Das ist ein Anliegen auf beiden Seiten. 

Im Grunde ist das eine Frage der Wertschätzung. Mehr Wertschätzung führt zu mehr Wertschöpfung.

Mehr Wertschätzung führt zu mehr Wertschöpfung. Man kann als Region ja nicht nur Kulisse sein.“

Bernhard Schröder

Wir beschäftigen uns ja intensiv mit der Stadt als Marke – also der Positionierung von Städten und Gemeinden. Welche Rolle kann eine touristische Positionierung für die Standortqualität spielen? Und wie steigt man als Gemeinde in den Tourismus ein?

Die Gemeinde muss zuallererst lernen, wie das Tourismusgeschäft funktionert – und was sie als Gemeinde selbst liefern muss. Wie ist das Ortsbild? Wie sieht es mit der Ortsbildpflege aus? Wie attraktiv ist der öffentliche Raum, wie wird der öffentliche Raum genutzt? Wenn man im Tourismus nachhaltig erfolgreich sein will, dann muss sich die Gemeinde ganz klar zum Tourismus bekennen – und natürlich auch die entsprechenden organisatorischen und finanziellen Strukturen schaffen. Es muss auch auf Gemeindeseite eine hohe Wertschätzung für touristische Investitionen geben.

Von der attraktiven Gestaltung des öffentlichen Raums profitieren ja auch die BürgerInnen selbst …

Ja genau! Nehmen wir beispielsweise die Stadt Tulln mit ihrer klaren Positionierung als die Gartenstadt: Tourismus wird hier zum echten Qualitätsfaktor. Eine Stadt, die gerne bereist wird, in der lebt mach auch gerne, da arbeitet man gerne, da gründet man gerne einen Betrieb. Die positive Bewerbung einer Stadt macht die BürgerInnen selbst stolz auf die eigene Stadt. Tourismus kann also ein Faktor sein, der andere Bereiche positiv beeinflusst.

Ganz stark sieht man das bei ausklingenden Industriestandorten beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, wo über eine neue Positionierung in Kunst und Kultur eine Transformation eingeleitet werden konnte.

Bernhard Schröder, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen eine – trotz Pandemie – erfolgreiche Saison im niederösterreichischen Donauraum.

Eine Stadt als blühende Marke Rahmen - Donaulände Tulln

Bernhard Schröder. Foto: Martina Siebenhandl
Zur Person

Mag. Bernhard Schröder 

ist Geschäftsführer der Donau Niederösterreich GmbH.

Schon während des Studiums der Wirtschaftswissenschaften sammelte Bernhard Schröder Erfahrungen im Bereich Reiseorganisation, Reiseleitung und Hoteleinkauf bei mehreren Reiseveranstaltern. Danach wechselte er zur Österreich Werbung, zunächst in das Head-Office in Wien, dann als Marketingleiter in Nordrhein-Westfalen und war danach stv. Direktor des Büros der Österreich Werbung in Frankfurt. 2003 begann er als Gründungs-Geschäftsführer seine Tätigkeit bei der Donau Niederösterreich Tourismus GmbH. Seither initiierte er zahlreiche Projekte etwa im Bereich Strategie, Marken- und Produktentwicklung und internationale Kooperationen. Seit 2008 ist er gemeinsam mit Petra Riffert Geschäftsführer der ARGE Donau Österreich. Bernhard Schröder ist als Funktionär in der Fachgruppe Reisebüros der Wirtschaftskammer Niederösterreich tätig und bekleidet dort auch die Position des Obmann-Stv. in der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft.

Die Positionierung Ihrer Stadt als Destination

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